|
Der
Bronzehort von Frankleben
Bereits
schon die vorgeschichtlichen Siedlungen reihten sich beiderseits der
Geisel relativ dicht aneinander, wenn sie auch nicht in den gleichen
Zeiträumen bestanden. Die ältere Jungsteinzeit ist im Geiseltal
nicht vertreten, dies dürfte aber eher an einen Mangel an
Fundmaterial liegen, als eine fehlende Besiedlung in dieser Zeit.
Belebter wird es im Geiseltal einige Jahrtausende später, als die
Trichterbecherkultur durch Funde der Baalberger Kultur bei
Frankleben auftauchen. Dichter wird die Besiedlung dann während der
Schnurkeramikkultur, die alle Gemarkungen besetzten, wobei bei
Frankleben allein zehn Fundstellen bekannt sind. Grabhügel aus
dieser Zeit standen früher auch bei Atzendorf (Arthügel) und bei
Kötzschen (Alkenhügel); sie wurden während der Bronze- und
Eisenzeit wiederholt als Bestattungsplätze aufgesucht.
Besonders
dicht ist die Besiedlung während der jüngeren Bronzezeit, aus der
für die Gemarkung Frankleben allein fünf Gräberfelder und sechs
Siedlungen vorliegen, wohingegen sie in der Eisenzeit wieder
abnimmt. Die wirtschaftliche Bedeutung des Geiseltales belegen drei
Bronzehortfunde bei Frankleben. Einer davon fand sich in einer
Siedlung und umfasste insgesamt 235 Sicheln und 14 Beile, die in
drei Gefäßen deponiert lagen
Beim
Braunkohletagebau am (ehemaligen) Flüsschen Leiha, südwestlich von
Frankleben machte man 1946 einen Aufmerksamkeit erregenden Fund von
Artefakten aus der Bronzezeit, 42kg bronzener Sicheln und Beile, der
größte seiner Art weit und breit. Dieser Bronzehort von Frankleben
besteht genau genommen aus drei Depots, die im Abstand von einem
Meter in großen Keramikgefäßen in die Erde verbracht worden sind.
Ein Bagger zerstörte den südlichsten der Töpfe und zerriss dessen
Inhalt (Depot I). Der Baggerführer Wesp barg aber noch 17 Sicheln.
Einen Monat später stieß der Bagger einen Meter nördlich von
Depot I erneut auf Metall (Depot II – 93 Sicheln und zwei Beile
erhalten). Wesp grub nach und entdeckte das Depot III, das dann in
Gänze geborgen werden konnte. Der fast unversehrte, mit vier
Steinplatten verschlossene Tontopf enthielt 132 Sichelklingen und 14
Lappenbeile aus Bronze. Die Sicheln lagen in dem runden Topf dicht
gepackt und fächerförmig übereinander, mit der Spitze nach außen
und bildeten so eine Art Wirbelrad. Darüber lagen die Beile. Da die
beiden ersten Horte nach Aussagen von Wesp von ähnlicher Größe
und Gestalt waren, kann angenommen werden, dass es sich
ursprünglich um mehr als 300 Sicheln und weit mehr als 16 Beile
gehandelt hat.
Die Bronzesicheln lassen auf eine prämonetare Funktion als
standardisierte Tauschobjekte schließen und bezeugen zudem die
Bedeutung der landwirtschaftlichen Nutzung der fruchtbaren
Lößböden, während die Beile als Werkzeuge vornehmlich der
Holzbearbeitung dienten. Zwei weitere Hortfunde mit Sicheln sind
darüber hinaus bei Kötzschen bezeugt.
Während einige der Bronzen im privaten Besitz verblieben, kam das
Gros ins Landesmuseum Halle. Dort hat Wilhelm Albert von Brunn den
Fund untersucht und im Jahre 1958 veröffentlicht. Die Prüfung der
237 nur scheinbar gleichen, durchweg gut erhaltenen Knopfsicheln
ergab 91 verschiedene Typen, die aus 182 Gussformen stammten. Ihre
Verteilung auf die drei Depots spricht für die Gleichzeitigkeit der
Niederlegung. 179 ihrer Klingen zeigten Gebrauchsspuren. Auf den
Sicheln finden sich eingegossene Muster und Zeichen in Form von
Rippen, Strichen und Winkeln. Diese in die Gussform eingebrachten
Sichelmarken wurden von W.A. von Brunn als Merkzeichen (Piktogramme)
der Metallgießer gedeutet. Christoph Sommerfeld interpretiert die
Marken dagegen - ausgehend vom Mondmonat - als Begriffswerte, die
Zahlen zwischen Null und 30 darstellen.
Hort- oder Depotfunde wie der von Frankleben sind ein, vor allem in
Mitteldeutschland, ein häufiges Phänomen der mitteleuropäischen
Bronzezeit und bilden innerhalb der archäologischen Forschung eine
eigene Fundgattung. Früher war man der Ansicht Kaufleute hätten in
diesen ihr Handelsgut 'zwischengelagert', heute wird gemeinhin
angenommen es handelt sich um rituelle Deponierungen von Opfergaben
und somit um Zeugnisse der religiösen Vorstellungen des
vorgeschichtlichen Menschen. Die Nähe zu Gewässern oder markante
Landschaftspunkten wurden dabei bevorzugt, während auch in der
Zusammensetzung der Fundobjekte Regelhaftigkeiten erkennbar sind.
Der Franklebener Depotfund von Sicheln und Bronzebeilen, stellt eine
sehr typische Fundkombination der späten Bronzezeit dar, ist
allerdings in seinem Umfang von rund 45 Kilogramm außergewöhnlich.
Quelle: Die Geiseltalchroniken,
Steffan Bruns, Berlin 2016
|
|