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Das Rittergut von
Runstädt
Beide Runstädter Dörfer hatten
ihr eigenes Rittergut, eines für jeden Ortsteil. Bis 1620 müssen
aber beide Ortsteile zusammengelegt worden sein, da in diesem Jahr
Albrecht Bose nur ein Ritterpferd stellt, obwohl er eigentlich im
Besitz beider Rittergüter war und somit zwei Ritterpferde hätte
stellen müsste. Das Rittergut war ein Mannlehen des Stiftes
Naumburg und empfing für dieses stellvertretend auch Zinsen anderer
Orte, u.a. die von Lauchstädt, Holleben, Delitz, Dörstewitz,
Passendorf, Halle, Giebichenstein, Atzendorf. Das Rittergut bezog
auch die Abgaben der sogenannten Edelmannshäuser und -felder des
Dorfes Reipisch, hatte dort zum Teil auch das Obergericht inne.
Vermutlich war das dortige Rittergut im Hochmittelalter an das von
Runstädt gekommen und danach aufgelöst worden.
Im 13. Jahrhundert stauten die
Raubritter der Knutonen und Kötzsche bei Runstädt die Leiha mit
einen 5m hohen Steindamm. Der dadurch angestaute Teich verschlang
208 Äcker. Es wundert dass sich diese Bedrohung die Flussabwärts
liegenden Gemeinden, allem voran Merseburg, diese Bedrohung gefallen
ließen. Erst nach über fünf Jahrhunderten ließ der Kurfürst
1790 den Damm abreißen. Die dabei entstehenden sehr fruchtbaren
Wiesen und Äcker nannte man 'die Teiche'.
Besitzer des Runstädter
Rittergutes sind im 14. Jahrhundert die 'von Stahr', in ihrem Wappen
finden sich zwei mit den Bärten abgekehrte Schlüssel, die sich
über dem Helm wiederholen. Im 16./17. Jahrhundert besitzt das
Rittergut die Adelsfamilie der von Bose, wahrscheinlich ein
Seitenast der Franklebener Boses.
Noch bis etwa 1803 befand sich
Runstädt im Besitz der Familie Bose, dann kaufte es der
Königlichen Landstallmeister Hans Wilhelm Traugott von Könneritz
aus Merseburg für 47 000 Taler. Im Jahre 1833 kaufte es dann der
Kammerherr das Rittergut Wolf Heinrich Hans von Helldorf für nur 44
000 Taler – kein Wunder, denn die zwischenzeitliche Separation
unter der neuen preußischen Herrschaft, brachte den teilweisen
Verlust der Feudalrechte im Dorf mit sich. Im Jahre 1842 begannen
die Ablösungen der letzten feudalen Rechte – der Dienst-, Lehn-
und Zinsberechtigungen des Rittergutes. Die Aufhebung des
Lehnsverbandes der eingetragenen Mannlehn-Rittergüter Ober- und
Nieder-Runstädts wurde durch das Ober-Landes-Gericht zu Naumburg am
2. Juni 1882 bescheinigt. Die Rechtspflege übernahmen dann das
Kreisgericht in Merseburg - seit 1897 Amtsgericht - in
Zusammenarbeit mit dem Landesgericht in Halle und den
Berufungsinstanzen in Naumburg und Leipzig.
Um
1900 brannte das Rittergut völlig ab. 1906 begann die Gewerkschaft
des Eisensteinbergwerks Michel zu Köln, zum Zwecke der
Kohlengrubenerschließung, im Umkreis Bodenflächen zu erwerben, und
1908 erfolgte dann der Kohleabbau im Tagebau "Rheinland".
Die alte "Frankenstraße" musste nun auch weichen.
Quelle: Die Geiseltalchroniken,
Steffan Bruns, Berlin 2016
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