Die blauen Bänder

Die Unstrut

Geschichte der Unstrut-Schifffahrt

Heute braucht Schifffahrt gut ausgebaute Wasserstraßen, insbesondere für den Gütertransport. Früher einmal gab es Schifffahrt auch auf kleinen Flüssen, sogar auf Bächen. Die Unstrut ist zwar kein gewaltiger Fluss, im Gegenteil, sie erscheint heute teilweise wie ein besserer Bach. Allein das Tal, welches sich die Unstrut geschaffen hat, zeigt dass die Unstrut ein kraftvoller Fluss sein kann.

Im späten Mittelalter wurden überall Wassermühlen eingefügt, dazu wurden Flüsse und Bäche gesperrt und umgeleitet, die Schifffahrt wurde dadurch immer mehr behindert. Schleusen gab es nur sehr selten, meist mussten die kleinen Schiffe umgeladen oder über Rampen gezogen werden. Zoll-, Maut oder sonstige Hindernisse taten ihr übriges. Überall befanden sich Felsen und Baumstämme im Wasser, es gab Untiefen und Sandbänke. Schifffahrt war so nur ein lokales Thema, meist gab es nur kleine Fähren. Schifffahrt auf der Unstrut ist seit 1612 belegt; allerdings war eine nennenswerte wirtschaftliche Nutzung aufgrund der geringen Tiefe und der morastigen Ufer lange Zeit nicht möglich. Immer wieder mussten die Anrainer zur Erhaltung der Uferwege angehalten werden, diese waren für das Treideln der Lastkähne unabdingbar. Die mehrfach erneuerte Wasser- und Mühlenordnung von 1653 brachte jedoch nur eine geringe Besserung.

Erste Pläne zur Schiffbarmachung, die Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha hegte, um Naumburg als Umschlagplatz von Gütern wirtschaftlich zu stärken, unterbreitete er seinem kurfürstlichen Verwandten. Sie wurden jedoch von kursächsischen Räten abgelehnt; diese befürchteten eine heranwachsende Konkurrenz der nahen Handelsstadt Leipzig. Auch die großangelegte Planung eines west-östlichen Wasserweges unter Einbeziehung der Unstrut in der Mitte des 18.Jahrhunderts kam lange Zeit nicht zustande.

Im 18.Jh. erkannte man mehr und mehr die Bedeutung eines ungehinderten Handels. Erst 1778 wurde der Berghauptmann, Maschinen- und Schleusenbauer Johann Friedrich Mende mit Untersuchungen zur Schiffbarmachung und 1790 mit der Erarbeitung eines Kanalisierungsplans beauftragt. 1790 erfolgte daraufhin eine Kurfürstliche Order zur Schiffbarmachung der Unstrut von Bretleben bis zur Mündung in die Saale und der Saale ab der Unstrutmündung bis Weißenfels. Mende übernahm 1791 die Leitung der Ausbauarbeiten auf über 71 km an der Unstrut, die eine Mindesttiefe des Flusses von 0,8 m gewährleisten sollten. Für die Arbeiten wurden 3 Millionen Thaler angewiesen. In den nächsten Jahren wurden 12 Schleusen an der Unstrut und 3 an der Saale angelegt, denn ein Ausbau fand auch an der Saalestrecke zwischen Naumburg und Weißenfels statt. Am 8. April 1795 wurde die Schifffahrt freigegeben, am 3. Juli legte der erste Lastkahn in Artern an.

Nachdem in den Jahren 1816-22 die obere Saale ausgebaut wurde, konnten die Schiffe nun von der Unstrut aus auch Halle/Saale erreichen, wo ihnen der Weg zur Elbe offen stand. Weitere Ausbauten an der Unstrut erfolgten in den Jahren 1857-1865 als man zwischen Bretleben und Nebra elf Durchstiche zur Verbesserung der Schifffahrt anlegte. Zur Entwässerung der weiterhin feuchten und vom Hochwasser bedrohten Böden wurde 1857 die Unstrutregulierungs-Sozietät gegründet. Durch die Senkung des Wasserspiegels der Unstrut war eine Melioration der Flussauen möglich, welche dadurch für die Landwirtschaft nutzbar wurden. Nebenher konnte damit auch das berüchtigte Unstrut-Sumpffieber, die Malaria, besiegt werden. 1882-95 wurde die Unstrut-Wasserstraße teilweise begradigt und rekanalisiert.

Der Wasserweg sorgte für zunehmenden wirtschaftlichen Aufschwung. Bis 1881 stieg der Warentransport auf der Unstrut stetig an, in diesem Jahr wurden 150.209 Tonnen transportiert, dabei Sandstein aus Nebra, Kalkstein aus Freyburg, Salz aus Artern, außerdem Getreide und Rüben. Stromauf wurden die Schiffe getreidelt, daher wurde besonderes Augenmerk auf Uferbefestigungen und gangbare Uferwege gelegt.

Auch hölzerne Fahrgastschiffe wie die GERMANIA und die HOHENZOLLERN fuhren damals auf Saale und Unstrut. Ab 1888 kamen auch Dampfschlepper auf die Unstrut, 1897 verkehrten die Dampfschiffe WEST-HAVELLAND und GERMANIA bis Freyburg/Unstrut. Als 1889 die Eisenbahn Artern-Naumburg fertiggestellt wurde, begann die Güterschifffahrt an Bedeutung zu verlieren. Durch den Bedeutungsverlust verfielen auch die wasserbautechnischen Anlagen. 1925-1926 fuhren die Fahrgastschiffe MONIKA und PREUSSEN auf Unstrut und Saale. Schon Jahre zuvor hatten Naturfreunde, Schulklassen, Vereine und andere Gesellschaften den Freizeitwert der Landschaft entdeckt. Weitere Fahrgastschiffe und Freizeitboote eroberten in den 30iger Jahren den Fluss, so seit 1938 die Fahrgastschiffe FREIHEIT I und II zwischen Artern und Weißenfels. Auch die Güterschifffahrt stieg wieder an, bis 1937 auf 36.216 Tonnen. Als größtes Frachtschiff auf der Unstrut gilt der Lastkahn der Zuckerfabrik Rossleben mit 234 Tonnen Tragfähigkeit.

Mit dem Ausbruch des 2.Weltkrieges wurden nach 1939 die Lastkähne und Schlepper abgezogen, da sie andernorts dringender gebraucht wurden. Auch die Fahrgastschiffe folgten bald. Als durch Bombardements die Eisenbahn- und Straßenbrücken zerstört wurden, war Schifffahrt kaum noch möglich. Schon 1946 waren jedoch die gröbsten Kriegsschäden beseitigt und die Personenschifffahrt zwischen Artern und Weißenfels konnte wieder aufgenommen werden. Aber gegen die Konkurrenz durch den Lastkraftwagen kam sie nicht mehr an. Der letzte Lastkahn der Zuckerfabrik Vitzenburg wurde 1958 außer Dienst gestellt. Schon 1954 war die Unstrut verwaltungstechnisch keine Wasserstraße mehr. Bald bevölkern nur noch Freizeit-Kapitäne und Kanuten den Fluss.

Berühmt ist die Unstrut für ihre Hochwasser. Früher baute man in sicherer Entfernung vom Fluss, Hochwasser konnten kaum Schaden anrichten. Mit dem Ausbau im 17. und 18.Jh. dachte man, die Hochwassergefahr bannen zu können und baute mehr und mehr in Hochwassergefährdeten Regionen. 1956 und 1967 kam es zu massivem Hochwasser, mit enormen Schäden. Zur Hochwasserbekämpfung wurde ein Sofortprogramm gestartet, es wurden Hochwasserrückhaltebecken gebaut, sowie weitere Begradigungen durchgeführt. Die Schifffahrtsanlagen verfielen aber mehr und mehr, so dass 1970 der durchgehende Schleusenbetrieb sein Ende fand und damit die Schiffbarkeit. In den Folgejahren wurden fünf Wehre bzw. Schleusen abgebrochen, zumindest aber auf Teilstrecken bleibt eine Freizeit-Nutzung möglich.

Zur Ankurbelung des Tourismus wurden in den Jahren 1993-2006 die verbliebenen sieben Unstrut-Schleusen instandgesetzt. In der Folge kann die Fahrgastschifffahrt durch die Schiffe FRÖHLICHE DÖRTE, UNSTRUTNIXE und REBLAUS zwischen Karsdorf/Unstrut und Weißenfels/Saale wieder aufgenommen werden. Auch Motorbootfahrer und Kanuten nutzen das Revier zahlreich.

Seit 2010 sind die Abschnitte Bretleben-Ritteburg und Bottendorf-Wendelstein wieder schiffbar. Untiefen und fehlendes Rückstauwasser machen eine Befahrung des schönsten und touristisch bei weitem interessantesten Abschnittes in Sachsen-Anhalt unterhalb der Schleuse Wendelstein bis Reinsdorf derzeit durch Fahrgastschiffe unmöglich. Daran sollte gearbeitet werden, denn immerhin befinden sich dort Ort wie die Burg Wendelstein, Kloster/ Kaiserpfalz Memleben, Nebra und Schloss Vitzenburg.

Unter Verwendung von Materialien aus:
"100 Jahre schiffbare Unstrut"; Andreas und Klaus Schmölling; Artern 1995
"Chronik über die 1000jährige Geschichte der Saale-Unstrut-Schifffahrt und Saale-Leipzig-Kanal" Ernst Wilhelm Wehlmann; Alsleben 2002