Archäologie zwischen Saale und Unstrut

Himmelsscheibe (Quelle Dbachmann, Wikipedia)

Die Himmelsscheibe von Nebra

Noch vor wenigen Jahren galt es aus ausgemachte Sache - freilich weniger bei den Spezialisten des Faches, als bei allen anderen - dass unsere Ahnen an Saale und Unstrut vor 4000 Jahren ein eher grobschlächtiges Volk waren, was kaum Kultur, geschweige denn Wissen hatte. Die Himmelsscheibe von Nebra zeigte aber der Welt, dass dem nicht so war, unsere Ahnen konnten es was das Wissen anging durchaus mit den Hochkulturen des Nahen Ostens aufnehmen. Auch wenn sie keine Pyramiden, Paläste, ja nicht mal so etwas wie die Städte in Vorderasien bauten, schon die bekannten Observatorien wie das bei Gosseck zeigten eigentlich, was die Himmelsscheibe von Nebra erst richtig deutlich machte - unsere Ahnen waren deutlich auf der Höhe der Zeit.

 

Bei der Himmelsscheibe von Nebra handelt es sich um einen Schlüsselfund für die europäische Vorgeschichte, die Astronomiegeschichte sowie die frühe Religionsgeschichte. Die erste uns bekannte konkrete Himmelsdarstellung der Menschheitsgeschichte lässt mit ihren Beifunden weitreichende archäologische Beziehungen sowie einen ersten tiefen Einblick in die astronomischen Kenntnisse des vorgeschichtlichen Menschen zu. In Verbindung mit dem Fundort gewinnt dies zusätzlich an Brisanz. Himmelsscheibe und Beifunde deuten schon beim jetzigen Stand der Analyse weiträumige Beziehungen bis in den östlichen Mittelmeerbereich an. Für die weitere Forschung wird die Himmelsscheibe von Nebra wahrscheinlich auf Jahrzehnte ein zentraler Fixpunkt sein.

 

Hortfund von Nebra (Beifund zur Himmelsscheibe) (Quelle Dbachmann, Wikipedia)

Die Himmelsscheibe von Nebra ist eine Bronzeplatte aus der Bronzezeit mit Applikationen aus Gold, die offenbar astronomische Phänomene und Symbole religiöser Themenkreise darstellt. Sie gilt als die weltweit älteste konkrete Himmelsdarstellung und als einer der wichtigsten archäologischen Funde aus dieser Epoche. Gefunden wurde sie am 4. Juli 1999 von Raubgräbern in einer Steinkammer auf dem Mittelberg nahe der Stadt Nebra in Sachsen-Anhalt. Seit 2002 gehört sie zum Bestand des Landesmuseums für Vorgeschichte Sachsen-Anhalt in Halle. Aufgrund der Begleitfunde (Bronzeschwerter, zwei Beile, ein Meißel und Bruchstücke spiralförmiger Armreife) ist zu vermuten, dass sie etwa um 1600 v.u.Z. vergraben wurde, ihr Herstellungsdatum wird auf 2100 bis 1700 v.u.Z. geschätzt.

Während das Kupfer für die Bronze, laut entsprechenden Testverfahren, aus dem Salzburgischen stammt, verweisen neuere Untersuchungen auf Cornwall als Herkunftsort des Goldes sowie des verwendeten Zinns. Nach den Testresultaten des BESSY soll aber das Gold der Auflagen wahrscheinlich aus Minen im weit entfernten Rumänien (Siebenbürgen) stammen. Gleich woher das Material für die Scheibe ist, es kam von weit her. Das lässt freilich die Frage entstehen, wo die Scheibe gefertigt wurde. Für die an den Untersuchungen beteiligten Wissenschaftler steht fest, dass diese Scheibe nicht ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum stammt und anschließend ihren Weg nach Mitteleuropa gefunden hat. Für die Wissenschaftler steht zweifelsfrei fest, dass die Scheibe frühestens ca. 1600 v.u.Z. direkt in Mitteleuropa angefertigt wurde. Damit ist die Scheibe nach Ansicht der Fachleute die bislang älteste konkrete Darstellung des Nachthimmels und somit die erste erhaltene Abbildung des Kosmos der Menschheitsgeschichte. Sie ist ca. 200 Jahre älter als die frühesten bis jetzt in Ägypten gefundenen Darstellungen.

Angesichts des für die Herstellung der Himmelsscheibe notwendigen Wissens stellt sich dennoch die Frage der Herkunft selbigens. Die Kalenderspezifikationen deuten auf eine Verwandtschaft mit dem mesopotamischen Raum hin. Aber auch wenn der Gedanke vielen Historikern schwerfällt, die Himmelsscheibe und die definitiv noch älteren Himmelsobservatorien in Mittel- und Westeuropa scheinen Belege zu sein, dass dieses Wissen ein ursprünglich europäisches und kein nahöstliches ist.

Gefunden wurde die Himmelsscheibe von Hobby-Schatzsuchern, sie befand sich in einer verschütteten Steinkammer. Diese Steinkammer liegt innerhalb einer jüngeren, ringförmigen Wallanlage auf dem Gipfel des 252 Meter hohen Mittelbergs, ca. 4 Kilometer westlich der Stadt Nebra, inmitten des Ziegelrodaer Forstes. Ob es sich um einen Hort oder um ein Grab handelt, ist bisher ungeklärt. Der Ort, auf dem damals vermutlich unbewaldeten Berg dürfte schon in der Jungsteinzeit genutzt worden sein, möglicherweise als Observatorium.

Den Fundort und dessen nähere Umgebung hat man in jüngster Zeit touristisch erschlossen, es gibt ein kleines Museum, einen Aussichtsturm und allerlei Hinweistafeln. Die Sichtbeziehungen, die sich vom Aussichtsturm aus herstellen lassen, werden durch Betonbänder mit eingestanzten Inschriften im Boden aufgenommen und helfen, den Blick zu den entsprechenden Punkten zu lenken. Umschlossen ist das ganze Areal von einer eisenzeitlichen Ringwallanlage, die partiell wieder hergestellt und in Form eines mit Gras bewachsenen Erdwalles modelliert ist.