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Frankleben
Frankleben liegt im Geiseltal, nordöstlich von Braunsbedra,
an der Landstraße zwischen Mücheln (Geiseltal) und Merseburg. Der
Ort besitzt einen Haltepunkt an der Bahnstrecke Merseburg–Querfurt,
bedient von der Burgenlandbahn.
Ortsgeschichte
Frankleben
dürfte über 1.500 Jahre alt sein. Um das Jahr 300 kamen zur Zeit
der Völkerwanderung die Warnen in die Gegend zwischen Saale und
Unstrut und gründeten Orte mit der Endung „-leben". Im
Hersfelder Zehntverzeichnis wird Frankleben als zehntpflichtiger Ort
Franchenleba im Friesenfeld erstmals urkundlich erwähnt. Die
Nennung erfolgte zweifach und könnte so ein Hinweis darauf sein,
dass es schon damals ein Unter- und ein Oberfrankleben gab. Der
erste Teil des Ortsnamens 'Frank-' stammt wohl nicht von den
Franken, sondern dürfte vom germanischen Wort für 'frei' bzw. dem
davon abgeleiteten Vornamen 'Francho' stammen.
Auf Grund von Funden wird angenommen, dass die Gegend um die
Müchelner Straße, also Oberfrankleben, der ursprüngliche
Siedlungskern Franklebens ist. Hier dürfte unweit des Unterhofes
mit einem germanischen Platzdorf bereits früher als andern Ortes
von einer durchgehenden Besiedlung gesprochen werden können. Von
den Thüringern weiß man, dass sie ihre Wohnhäuser immer in
Längsrichtung von Osten nach Westen bauten, die Franken hingegen
brachten die Giebelseite immer an die Straße. Heute stehen in
Oberfrankleben die meisten Häuser zwar mit dem Giebel zur Straße,
aber bei genaueren Untersuchungen konnte man feststellen, dass eine
Ausrichtung der Häuser nach thüringischem Vorbild die
ursprüngliche ist.
Die Höfe am Topfmarkt, also in Unter- (bzw.
Nieder-)-Frankleben, dem südlicheren Ortsteil, zeichnen sich wegen
ihrer Trapezform als wendischen bzw. slawischen Ursprungs aus,
weshalb man davon ausgehen kann, dass Oberfrankleben, der
nördlichere Ortsteil. thüringischen Urspunges war und
Unterfrankleben wendischen bzw. slawischen. Letzteres hatte sogar
einen wendischen bzw. slawischen Namen, nämlich Osterwitz. In einer
früheren Form wird es allerdings als 'Freis' bezeichnet, was wieder
eindeutig germanisch/deutsch ist, und eine Verballhornung von
'Frank-', bzw. kann 'Frank-' auch eine Verballhornung von 'Freis'
sein, wobei Freis dann von der Göttin Freya abstammen könnte und
bloß später falsch als 'frei' interpretiert wurde. Die Bezeichnung
Osterwitz war bis 1431 für Unterfrankleben gebräuchlich. Im selben
Jahr änderte der dortige Landherr diese dann in Unterfrankleben um.
Seitdem bestanden beide Dörfer mit der ergänzenden Bezeichnung
Ober- bzw. Unter-.
Dass Frankleben aber schon viel früher besiedelt war,
belegen Funde, die man in der Nähe des heutigen Franklebens
vorgefunden hat. So fand man vorgeschichtliche Werkzeug, Gefäße
bzw. Scherben selbiger. Auch die unter Ascheresten vorgefundenen
Knochen verschiedener (Haus-)Tiere, wie z.B. von Rind, Ziege, aber
auch Reh, lassen darauf schließen. Diese Funde stammen nämlich mit
hoher Wahrscheinlichkeit aus der Epoche der Steinzeitmenschen. Ein
weiterer Beweis für die frühe Besiedlung sind auch die in der
Nähe des Dorfes zahlreich vorgefundenen Gräber. Dabei waren
Gräber, die aus dem Jahre 4000 vor unserer Zeitrechnung stammten.
Welchem Volk diese ersten Bewohner zuzurechnen sind, ist nicht
bekannt.
Nachdem die Steinzeit zu Ende ging und die Bronzezeit begann,
siedelte sich hier ein neues Volk an, das aus dem Westen gekommen
sein soll. Behauptungen, dass es Kelten gewesen waren, sind aber
nicht belegbar, auch wenn einige ihrer Hinterlassenschaften
Ähnlichkeiten mit denen der Kelten hatten. Zu ihrer
Hinterlassenschaft zählten z.B. Hals- und Armringe aus Bronze,
außerdem ein Handring aus Bronze, hergestellt aus Kupfer mit 2-10 %
Zinn. Auch ein tönender Löffel aus dieser Zeit ist in der Albert
Fehse’schen Kiesgrube gefunden worden.
In heidnischer Zeit hatten die Franklebener natürlich auch einen
Opferplatz, ein „heiligen Feld". Dieses lag auf dem Gelände
zwischen der heutigen Sparkasse und der Thälmannstraße/Merseburger
Straße. In der Mitte des heiligen Feldes war eine Quelle, genannt
der heilige Born. Das Wort 'Born' bedeutet nichts anderes als
Quelle bzw. Brunnen. In Frankleben stand dort ein Opferstein oder
Altar. An diesem heiligen Born wurden auch Ehen geschlossen,
gebetet, Opfer dargebracht und gefeiert. Der heilige Born von
Frankleben blieb eine geweihte Stelle, auch dann noch, als bereits
das Christentum Einzug gehalten hatte, und zwar deshalb, weil man
sich von dem klaren Quellwasser heilende Wirkung versprach. Es soll
bei gewissen Krankheiten Wunder wirkend geholfen haben. Mit Vorliebe
hat man das Wasser des heiligen Borns als Taufwasser verwendet. Wenn
die Quelle versiegte, was häufig geschah, dann stellte sich wieder
eine Teuerung ein. Wenn das Wasser eine blutrote Färbung annahm,
glaubte man, ein Krieg stehe bevor. Der heilige Born fiel vermutlich
dem Bau der Straße Frankleben-Beuna zum Opfer. Allerdings sind noch
heute - wenn man von Beuna kommend, rechts neben die Merseburger
Straße schaut - diese Feuchtstellen erkennbar.
Auch in Frankleben hatte jeder Teil seine Verwaltung. So gab es je
einen Richter in Ober- und in Unterfrankleben. Im Jahre 900 wurden
erstmals die Dörfer Oberfrankleben (jetzige Müchelner Straße) und
Unterfrankleben (jetzige Friedrichstraße und der nördliche Teil
des Topfmarktes) auch urkundlich genannt. Diese waren den beiden
Rittergütern Oberhof und Unterhof zuzuordnen, die sich durchgehend
im Besitz von verschiedenen Mitgliedern der Familie von Bose
befanden.
In den Chroniken des Merseburger Bischof Thietmar heißt der
Ort Frekenlevo. Thietmar erzählt dass im Jahre 981 Athelbertus, der
erste Bischof von Magdeburg das Bistum Merseburg visitierte, dort
auch die Messe celebriete, anschließend habe er die ganze Nacht
durchgezecht. Wohl mit starken Kater sei er von Merseburg
losgeritten, als er zwischen Zscherben und Frankleben vom Pferd
herab glitt, wohl bekam er einen Schlaganfall - zwar fing ihn sein
Gefolge auf, aber wenig später verstarb er, wohl zu Frankleben.
Sein Tod hatte die schwerwiegende Folge, dass der bisherige
Merseburger Bischof nun das Amt in Magdeburg übernahm, und das
Merserburger Bischofsamt aufgelöst wurde. Erst nach dessen Tod
wurde es von Kaiser Heinrich II. wieder hergestellt.
Beide Dörfer, Ober- und Unterfrankleben, waren einst recht
klein, Oberfrankleben bestand nur aus der Straße zwischen Unter-
und Oberhof, und Unterfrankleben aus Topfmarkt und Friedrichstraße.
Die älteste Angabe zur Einwohnerzahl Franklebens stammt aus dem
Jahre 1544. Beide Dörfer hatten damals zusammen nur 180 Einwohner,
auf 36 Nachbarsstellen, von denen im Pestjahr 1581 auch noch die
Hälfte verstarb. Nach dem Dreißigjährigen Krieg hatten bereits 58
Hausbesitzer von Frankleben das Nachbarrecht erworben. Unter alten
Steuerlisten aus dem Jahr 1754 befindet sich eine Aufzählung der
Häuser, wonach in Oberfrankleben 22 Häuser standen und in
Unterfrankleben 37.
Von Frankleben ist bekannt, dass es einst einen Kreuzstein hatte. In
alten Schriftstücken ist zumindest immer wieder die Rede davon. Er
soll auf dem großen Rasenplatz zwischen Pelz- und Kuhberg gestanden
haben, weil sich da vier Wege kreuzten. Der älteste Bericht über
den Stein findet sich in einer alten Urkunde aus dem Jahre 1592, in
der geschrieben steht: „Wenn einer auf der Straße zu Frankleben
schlafen will, so überantworte man ihn ins lange Feld. Da steht ein
Stein und bei dem Stein vollführe man das Zehdergeschrei." An
diesem Ort hat sich demnach eine Gerichtsstätte befunden. Beleg
dafür ist auch, dass sich auf dem Stein zwei sich kreuzende
Schwerter befunden haben sollen. Ob der Stein seinen Ursprung aus
christlicher Zeit oder gar aus heidnischer als 'Thingstein' hat, ist
heute nicht mehr eruierbar. Jedoch, die aus allen Himmelsrichtungen
zusammenlaufenden Wege deuten darauf hin. Der Name Kuhberg hatte
eine besondere Bedeutung, denn er ist keine natürliche Erhebung.
Wenn einst auf diesem Berg die Feuer loderten, so war das der Ruf zu
einer wichtigen Versammlung. Bei dieser Gelegenheit traf man sich um
eine Linde auf dem Kuhberg. Im heutigen Wappen von Frankleben ist
immer noch eine Linde zu sehen. Die Linde auf dem Topfmarkt, die
Gemeindelinde, dürfte aber jüngeren Ursprunges sein.
Wer die ersten Besitzer der beiden Rittergüter und einer
zwischenzeitlich bestehenden Burg waren, ist nicht bekannt. Es
scheint aber, als ob der Oberhof einer Familie gehört hatte, die
nach damals üblicher Sitte nach dem Dorfe, „von Frankleben"
benannt wurden. In einer Urkunde vom 22.August 1289 wird für
Frankleben ein Herbordo de Vrankeleuen, später auch eein Johannes
und ein Ulricus de Vrankleben genannt. Wie man auf einem in der
Merseburger Kapitelsflur aufgestellten Grabmal der Familie sehen
kann, war deren Wappentier ein schwarzer Bär. Die Familie „von
Frankleben" hatte offenbar auf der Eulenburg gewohnt. Noch im
Jahre 1639 werden die von Frankleben erwähnt, da gehörte die Burg
aber dem Besitzer des Rittergutes von Runstädt. Wo diese stand, ist
nicht bekannt, vermutlich auf der höchsten Erhöhung Franklebens,
dem Schulberg, bzw. Friedhof, denn von hier aus hatte sich später
das Dorf nach Westen verlängert und wurde von dem neuangelegten
heutigen Oberhof abgeschlossen.
Die Familie von Bose, welche von einem nahen Verwandten des ersten
Merseburger Bischofs abstammen soll, wird in Frankleben zum ersten
Male im Jahr 1326 erwähnt (Libericus von Bose). Erst 1405 wird auch
der Besitzer von Oberfrankleben genannt (Peter von Bose). Außer den
Franklebener Rittergütern besaßen Mitglieder der Familie von Bose
in allernächster Nähe vorübergehend auch die Rittergüter
Nauendorf, Runstädt und Großkayna. Das Oberhofer Herrenhaus aus
dem Jahr 1741 ließ Christoph Dietrich von Bose erbauen. Zuvor soll
an dieser Stelle ein Schloss gestanden haben, welches 1510 Carl von
Bose erbauen ließ. Dieses Herrenhaus wurde infolge Kriegschäden
nach 1945 gesprengt. Das Unterfranklebener Herrenhaus, das
WasserSchloss, entstand in den Jahren 1597 bis 1603 unter Dietrich
von Bose. Frankleben wird dabei als Ursprung der Merseburgischen
Linie des Hauses Bose angesehen, nachdem diese sich im
Hochmittelalter in drei regionale Linien aufspalteten. Von
Frankleben aus spalteten sich dann weitere verschiedene lokale
Nebenlinien ab, wie die von Kötzschen oder Runstädt.
Schon im Mittelalter gab es in Frankleben zwei Schankwirtschaften.
Es waren der Gasthof „Zum weißen Kreuz" und der Gasthof „Zum
steinernen Kruge". Beide Schenken genossen im Mittelalter ein
hohes Ansehen. Sie waren als Ausspannegasthöfe weithin bekannt und
beide verfügten über beträchtlichen Feldbesitz. Ihr Auskommen
hatten sie nicht nur wegen der örtlichen Einwohner, sondern weil
beide Höfe an einer uralten und viel genutzten Handelsstraße
lagen, der Via Regia, und weitere wichtige Straßen hier in
Frankleben diese kreuzten. Dass sich in der Nähe der Gasthöfe
sowohl Schmied, Stellmacher und Wagenbauer, früher auch Radmacher
genannt, ansiedelten, ist nicht verwunderlich. Diese Straße muss
sehr alt sein, zwischen Braunsdorf und Runstädt wurden an ihr immer
wieder römische Münzen aus dem 1. Jahrhundert gefunden.
Im Jahr 1581 wütete in Frankleben die Pest. Sie soll von Runstädt
eingeschleppt worden sein, wo sie schon 4 Jahre früher ausbrach.
Die Runstädter Obrigkeiten stellten den Ort zwar unter Quarantäne,
aber als eine Franklebenerin auf dem Felde mit einem Runstädter
Hirten ins Gespräch gekommen war, muss sie sich angesteckt haben.
Sie starb kurz darauf als erstes Pestopfer, es sollten ihr 99
folgen, mehr als die Hälfte der Bevölkerung starb binnen dreier
Monate.
1632, es herrscht gerade der Dreißigjährige Krieg, wird Frankleben
geplündert, ein Spektakel, welches die Einwohner nun die nächsten
Jahre geradezu regelmäßig zu ertragen hatten. Aus der Franklebener
Kirche schleppten die Schweden alles fort, was einigermaßen Wert
hatte, sogar die Bibel vom Altar.
Mitte des 19. Jahrhunderts erschienen in den geschichtlichen
Aufzeichnungen die beiden Dörfer vereint als Frankleben. Ein Wandel
von einem landwirtschaftlich geprägten Dorf zu einer
Industriegemeinde vollzog sich ab dem 19. Jahrhundert.
Viele Häuser im Dorf sind in ihren Kern gut 200 und mehr Jahre alt,
so auch die 1714 erbaute ehemalige Dorfschmiede und die ehemalige
Wassermühle.
Im April 1814 wurde in den Befreiungskriegen in Flandern der
Grenadier Gottfried Demme aus Runstädt schwer verletzt und starb
kurze Zeit später im Lazarett in Louvin, wo er auch begraben wurde.
In den Kriegen von 1866 (Österreich/Ungarn) und 1870/1871 (gegen
Frankreich) wurden 55 Franklebener zum Heeresdienst einberufen. In
den Kämpfen dieser Kriege fielen aus Frankleben: Franz Bernhard,
Eduard Berger und Albert Schönfeld, ihre Namen sind auf dem
Gedenkstein am Topfmarkt festgehalten.
Einige Jahre vor dem 1.Weltkrieg erfolgte die Erschließung des
Tagebaues des Braunkohlenwerkes Großkayna, bei welchem viele
Flurstücke von Frankleben, von den Michelwerken Großkayna erworben
wurden. Die Mächtigkeit der Kohleflötze dieses Kohlevorkommens
betrug 80 bis 100 Meter. Infolge fortgesetzten Abbaus sank der
Grundwasserspiegel durch Entwässerungsmaßnahmen der Gruben auch in
den Brunnen von Frankleben bis sie versiegten. So wurde es notwendig
im Jahre 1913 Frankleben an ein neues örtliches Wasserleitungsnetz
anzuschließen. Im gleichen Jahr erhielt es auch eine elektrische
Ortsbeleuchtung.
Bei einem Luftangriff 1944 wurde das Herrenhaus des Oberhofs (1737–1741)
beschädigt, die Ruine um 1958 wegen des Braunkohletagebaues
beseitigt. Bei amerikanischem Artilleriefeuer wurde am 14. April
1945 der Turm der Dorfkirche St. Martini zerschossen.
Am 1. Juli 1950 wurde die Gemeinde Reipisch eingemeindet. Das
frühere Stahlwerk Frankleben und die umliegenden Kohle- und
Chemiebetriebe beeinflussten bis zur politischen Wende das Leben der
Einwohner. Von 1993 bis 2004 gehörte Frankleben zur
Verwaltungsgemeinschaft „Unteres Geiseltal".
Quelle: Die Geiseltalchroniken,
Steffan Bruns, Berlin 2016
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